In seiner letzten Sitzung hat sich der Gemeinderat mit der Frage befasst, ob die Gemeinde eigene Flächen für die Erzeugung regenerativer Energien bereitstellen soll. Am Ende wurde mit großer Mehrheit eine Kompromisslösung angenommen: Die Gemeinde stellt pro Ortsteil maximal 10 Hektar eigene Flächen für PV-Freiflächenanlagen zur Verfügung. Windenergieprojekte werden nicht aktiv angeschoben, wenn aber in der Nachbarschaft entsprechende Projekte entstehen, soll im Einzelfall geprüft werden, ob ergänzend auf Gemeindeflächen weitere Anlagen verträglich wären. Für private Planungen für PV-Freiflächenanlagen soll die Gemeindeverwaltung zunächst eine koordinierende Funktion anbieten.
Einleitend stellte Bürgermeister Reinhold Teufel noch einmal die Rahmenbedingungen dar: Es ist erklärter Wille des Bundes und des Landes, die Erzeugung regenativer Energien deutlich auszubauen. Klimaschutz und Umsetzung der Energiewende ziehen sich als roter Faden durch alle Regierungsprogramme, auch in der Bevölkerung wird diesem Thema eine hohe Bedeutung beigemessen. Vor diesem Hintergrund muss sich die Gemeinde fragen, welche Perspektiven und Chancen diese Entwicklung für die Gemeinde bieten kann.
Seit der Einführung der doppischen Haushaltsführung sind die Gemeinden gezwungen, die kalkulatorischen Kosten – also Abschreibung und Verzinsung – aller gemeindlichen Einrichtungen in vollem Umfang dazustellen und auch jährlich zu erwirtschaften. Nur wenn dieses gelingt, ist ein ausgeglichener Haushalt möglich. Und nur wenn hier freie Spitzen bestehen, kann sich eine Gemeinde weitere Investitionen leisten und ist auch dauerhaft in ihrem Bestand gesichert. Bisher war die Gemeinde einigermaßen in der Lage, diesen Haushaltsausgleich hinzubekommen. Mit den aktuell laufenden Maßnahmen – dem Neubau des Bauhofs und des Dorfgemeinschaftshauses in Aichelau und der Umnutzung des Saals des Gasthauses Rose – kommt die Gemeinde ist hier aber sicherlich eine gewisse Grenze erreicht. Das geplante Nahwärmenetz bleibt hier außer Betracht, hier werden Abschreibung und Verzinsung vollständig über die Wärmelieferung refinanziert. Weitergehende Investitionen, ob in weitere Dorfgemeinschaftshäuser, oder auch nur in den Erhalt der bisherigen Infrastruktur wie die örtlichen Backhäuser, sind ohne zusätzliche, nachhaltig fließende Einnahmen früher oder später nicht mehr möglich.
Eine vor allem an den Stammtischen beliebte Sparschraube sind immer die Personalkosten. In diesem Bereich ist die Gemeinde auch im regionalen Vergleich sehr schlank aufgestellt, eine Reduzierung würde hier sehr schnell dazu führen, dass die für eine selbständige Gemeinde notwendige Leistungsfähigkeit in Frage gestellt werden muss. Wenn also die Selbständigkeit der Gemeinde auf Dauer gewährleistet belieben soll, muss für künftige Investitionen auch eine nachhaltige Finanzierung sichergestellt werden. Hier allein nur auf Einnahmen aus der Gewerbesteuer zu setzen ist dabei ein nicht ungefährlicher Weg. Hier gab es in der Vergangenheit schon erhebliche Schwankungen. Sollte es über einen längeren Zeitraum zu unterdurchschnittlichen Einnahmen kommen, wäre dann sehr schnell der Punkt erreicht, an dem die Bürgerschaft selbst über höhere Steuern und Gebühren für den Haushaltsausgleich sorgen müsste.
Einnahmen aus der Erzeugung regenerativer Energien stellen eine verlässliche und stetige Finanzierungsquelle dar, die vor allem auch bei der Bemessung der Umlagen an Landkreis und Land außer Betracht bleiben. Diese Einnahmen stehen komplett der Gemeinde zur Verfügung und eben nicht wie beispielswiese die Gewerbesteuer nur zu 30%. Vor diesem Hintergrund sieht sich die Gemeindeverwaltung geradezu in der Pflicht, den Gemeinderat auf diese Möglichkeit der Sicherung zusätzlicher Einnahmequellen hinzuweisen. Ob der Gemeinderat diese Chance ergreift oder stattdessen an künftige Investitionen einen entsprechend strengeren Maßstab anlegt oder die von der Bürgerschaft aufzubringenden Steuern und Abgaben zu deren Finanzierung heranzieht ist seine ureigene Entscheidung im Rahmen des Budgetrechts.
Grundsätzlich hat die Gemeinde Pfronstetten zwei Möglichkeiten, sich Einnahmen in diesem Bereich zu sichern: Durch die Bereitstellung von Flächen für PV-Freiflächenanlagen oder für Windenergieanlagen. Über die Ermöglichung von Windenergieanlage wurde im Gemeinderat in den vergangenen Jahren mehrfach und zum Teil auch kontrovers diskutiert. Hierbei hat sich gezeigt, dass das Meinungsbild im Gremium vermutlich ähnlich gespalten ist wie in der Bevölkerung. Während aber bisher diese Diskussion losgelöst von wirtschaftlichen Zwängen reduziert auf die Frage „Windkraft – ja oder nein“ diskutiert wurde, stellt sich die Diskussion im Hinblick auf die eingangs geschilderte wirtschaftliche Komponente anders da. Aus Sicht der Gemeindeverwaltung sollte der Gemeinderat zunächst die Frage „Einnahmen aus der Erzeugung regenerativer Energien – ja oder nein“ beantworten. Hier ist die Haltung der Gemeindeverwaltung klar: Ohne diese weitere und vor allem langfristig kalkulierbare Einnahmemöglichkeit müssen viele Investitionsentscheidungen der Zukunft anders getroffen werden. Will man bei einer Realisierung der im Raum stehenden Zukunftspläne eine stärkere Belastung aller Bürger vermeiden, muss entweder zwingend an anderer Stelle gespart oder eben diese zusätzliche Einnahmequelle genutzt werden. In einem zweiten Schritt wäre dann zu entscheiden, für welche Art der Energieerzeugung gemeindeeigene Flächen zur Verfügung gestellt werden – PV-Freiflächenanlagen, Windenergieanlagen oder für beides.
Die in der Gemeinde bestehenden Bürgerinitiativen gegen die Windenergie haben ihre Bedenken in der Vergangenheit schon mehrfach vorgetragen. Ihnen wurde zur Abrundung des Informationsstands die Möglichkeit angeboten, ihre Sicht der Dinge dem Gemeinderat vor einer Entscheidung darzustellen. Erwartungsgemäß ging Thomas Wagner als Vertreter der Bürgerinitiativen insbesondere auf das Thema Windenergie ein. Er brachte moralische und gesundheitliche Bedenken gegen Windenergieanlage und stellte auch deren Sinnhaftigkeit in Frage. Aus Sicht der BIs stehen die aufgewendeten Kosten in keiner Relation zum Ertrag, zudem befürchten sie einen Wertverlust für Immobilien in der Umgebung,
Aus Vorgesprächen war bekannt, dass vonseiten der örtlichen Landwirtschaft die Bereitstellung von Flächen für PV-Freiflächenanlagen sehr kritisch gesehen wird. Aus diesem Grund erhielten auch die Vertreter der Ortsbauernverbände die Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge dem Gemeinderat vorzutragen. Durch eine Nutzung von Flächen für PV-Freiflächenanlagen entstehe unstrittig eine Konkurrenzsituation zwischen Nahrungsmittel- und Energieerzeugung, machte Markus Engst vom Ortsbauernverband Tigerfeld deutlich. Bedenklich sei vor allem, dass auch durch die aktuell laufenden Flurneuordnungsverfahren der Landwirtschaft Flächen verloren gehen. Er bezweifelte, dass es der Gemeinde gelingt, im im Rahmen der Flurneuordnung zumindest die Ackerflächen so aus den für PV-Freiflächenanlagen vorgesehenen Bereichen herauszulegen, dass die Ackerbilanz weitgehend unverändert bleibe. Die Landwirtschaft hätte sicher nichts dagegen, wenn Flächen mit schlechter Bodenqualität belegt würden. Die in Rede stehenden Flächen im Tigerfelder und Geisinger Hart zählten seiner Einschätzung nach aber eher zu den guten Flächen. Aus rein landwirtschaftlicher Sicht wären Windenergieanlagen zu bevorzugen, da Sie bezogen auf den Energieertrag deutlich weniger Fläche in Anspruch nähmen. Gerhard Bayer vom Ortsbauernverband Aichelau sah durchaus auch die Chancen der PV-Freiflächenanlagen. Nicht nur in Nachbargemeinden würden sich auch Landwirte mit diesem Thema befassen, aus ökologischer Sicht sei die Energieerzeugung mit PV möglicherweise sogar sinnvoller als mit Biogas. Zudem gebe es Chancen, eine landwirtschaftliche Nutzung mit PV-Freiflächenanlagen zu kombinieren.
Auch die Mitglieder des Gemeinderats hatten sich seit der Erstbefassung mit diesem Thema im vergangenen November umfassend informiert. Speziell auch die Aktivitäten in Sachen PV-Freiflächenanlagen in der Nachbargemeinde Hayingen wurden aufmerksam verfolgt.
Dass die Gemeinde es sich aus wirtschaftlicher Sicht kaum leisten könne, eine solche Einnahmemöglichkeit völlig ungenutzt liegen zu lassen, war allgemeiner Konsens. Dennoch wurden die vorgetragenen Argumente gegen die im Raum stehenden Möglichkeiten der Energieerzeugung auch als bedeutsam angesehen. Für einzelne Mitglieder des Gemeinderats ist deshalb eine aktive Ansiedelungspolitik der Gemeinde für Windenergieanlagen auf eigenen Flächen keine Option. Allerdings könne und müsse man dies dann überdenken, wenn auf angrenzenden Flächen – ob Staat oder Privat – solche Projekte entstehen. Dann sollte im Einzelfall geprüft werden, inwieweit einige wenige weitere Anlagen auf Gemeindegrund möglich und vertretbar wären.
Diese Optionslösung würde es dann auch erlauben, dass die Gemeinde bei PV-Freiflächenanlagen nicht das Maximum des Möglichen ausreizt. Der Gemeine gehören rund 163 ha landwirtschaftliche Flächen, davon wären 50-60 ha für eine solche Nutzung denkbar. Zu zwei Dritteln würden diese Flächen auf Markung Tigerfeld, liegen, zu einem Drittel auf Markung Geisingen. In den übrigen Ortsteilen verfügt die Gemeinde über keine zusammenhängenden Flächen in nennenswerter Größe. Die Gemeindeverwaltung hatte vorgeschlagen, sich bei den bereitgestellten Flächen je Ortsteil eine Selbstbeschränkung aufzuerlegen, um eine übermäßige Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen Betriebe zu vermeiden. Nachdem PV-Freiflächenanlagenunter 5 ha wenig Sinn machen, sollte diese Obergrenze zwischen 5 und 20 ha liegen.
Letztendlich fand die eingangs beschriebene Kompromisslösung eine große Mehrheit. Mit der Obergrenze von 10 ha pro Ortsteil für PV-Freiflächenanlagen blieb der Gemeinderat am unteren Rand des vorgeschlagenen Korridors und mit dem Verzicht auf eine aktive Beteiligung am Ausbau der Windenergie wurde auch den Belangen der Bürgerinitiativen Rechnung getragen.
Die Gemeindeverwaltung wird nun für die eigenen Flächen mit den inzwischen zahlreich vertretenen interessierten Projektentwicklern Kontakt aufnehmen. Ein Hauptkriterium bei der Auswahl soll dann auch die Möglichkeit sein, dass sich auch örtliche Interessenten finanziell an solchen Anlagen beteiligen können. Außerdem soll abgefragt werden, inwieweit für private Flächen ein entsprechendes Interesse besteht. Speziell bei der Frage der Anbindung solcher Anlagen ans Stromnetz könne ein koordiniertes Vorgehen Vorteile bieten.