Gemeinderat setzt enge Grenzen für PV-Freiflächenanlagen

Die Diskussion war intensiv, die Positionen lagen weit auseinander, und am Schluss stand eine eher zurückhaltende Haltung der Gemeinde bei der Ermöglichung von PV-Freiflächenanlagen: Maximal 5% der Feld- und Wiesenflächen sollen hierfür überplant werden.

In der Februar-Sitzung des Gemeinderats wurde ein mögliches Gemeinschaftsprojekt „PV-Freiflächenanlagen in Aichelau“ vorgestellt, mit dem auf informeller Ebene das Potenzial solcher Anlagen in Aichelau geprüft wurde. Hierbei wurden Flächen mit über 280 ha ermittelt, die hierfür grundsätzlich in Frage kämen.  

In einer Bürgerversammlung im Februar wurde das Projekt in Aichelau vorgestellt. Erwartungsgemäß wurde es weder einheitlich befürwortet noch einheitlich abgelehnt. Festzustellen war jedoch, dass eine Realisierung aller möglichen Flächen weder von der Projektgruppe unbedingt erwünscht noch von der Bevölkerung mitgetragen wird. Insofern wäre nun der nächste logische Schritt, dass der Gemeinderat politisch, also ohne sich zwingend an den spezifischen Gegebenheiten der einzelnen Flächen zu orientieren, eine Obergrenze festlegt, die dann zu beachten wären.

Die Diskussionen über den Ausbau der erneuerbaren Energien haben sich in den vergangenen Jahren verändert. Anfangs gab es eine klare Haltung, wonach Veränderungen jeglicher Art – und dazu gehören unstrittig landschaftsprägende Maßnahmen wie Windenergieanlage und PV-Freiflächenanlagen – unerwünscht waren. In den letzten Jahren ist nicht nur im jüngeren Teil der Bevölkerung die Akzeptanz für solche Projekte, oder besser gesagt die Bereitschaft, hierfür Änderungen im Landschaftsbild hinzunehmen, gewachsen. Diese ist aber sicherlich nicht grenzenlos. Zudem haben die Entwicklungen der letzten Monate gezeigt, dass es sinnvoll wäre, zumindest einen Teil der Energieerzeugung ohne Abhängigkeiten vom Ausland zu ermöglichen. 

Vor diesem Hintergrund wäre es sicher falsch, hier in eine Fundamentalopposition zu gehen. Dies umso mehr, weil solche Anlagen – und dies sollte weder in den Vordergrund gestellt noch verschwiegen werden – sowohl für die Eigentümer der genutzten Flächen wie auch für die Gemeinde wirtschaftliche Chancen bietet. Bürgermeister Reinhold Teufel schlug deshalb vor, bei der Zulassung von PV-Freiflächenanlagen einen eher größeren Rahmen zu bieten, der sich aber immer noch in einem vertretbaren Bereich bewegen sollte.   

Grundsätzlich könnte eine entsprechende Festlegung dann auch für das gesamte Gemeindegebiet gelten, auch wenn die strukturelle Ausgangssituation unterschiedlich ist: In Aichelau gab es bereits eine Flurbereinigung, weshalb vergleichsweise große Grundstücke vorhanden sind, so dass sich durch die Absprache einiger weniger Eigentümer vergleichsweise große Blöcke bilden lassen. In den anderen Ortsteilen ist dies noch nicht der Fall. Eine sich an der Markungsfläche bzw. den landwirtschaftlich nutzbaren Flächen je Markung orientierende Flächenobergrenze wäre sicher der richtige Ansatz wäre.

Die Gemarkung Aichelau ist insgesamt 1.291 Hektar groß und umfasst ca. 755 Hektar Feld- und Wiesenflächen, die für PV-Freiflächenanlagen in Frage kommen.

In der Frage, wie die vorhandenen Feld- und Wiesenflächen sinnvollerweise genutzt werden sollen, schwelt schon seit längerem ein Konflikt zwischen der Erzeugung von Nahrungsmittel und der Erzeugung von Biomasse zur energetischen Verwertung – nicht selten Mais. In Deutschland werden auf 14% der landwirtschaftlich genutzten Fläche nachwachsende Rohstoffe angebaut. Aus diesem Zweikampf wird nun ein Dreikampf, wenn die direkte Energieerzeugung mit PV-Freiflächenanlagen hinzukommt. Faktisch ist aber sogar ein Vierkampf gegeben, da ein nicht unerheblicher Teil durch Flächenstilllegungen gewollt einer wirtschaftlichen Nutzung entzogen wird. 

Um die Belange der Landwirtschaft im Besonderen zu berücksichtigen, schlug Bürgermeister Reinhold Teufel vor, Flächen grundsätzlich auszuschließen, die im Regionalplan als Vorranggebiet für die Landwirtschaft ausgewiesen sind. Auf diesen Flächen wären ohnehin nur Agri-PV-Anlagen zulässig, die bei gleicher oder eher stärkerer optischer Beeinträchtigung einen deutlich geringeren Energieertrag erbringen.

Als „Soll-Vorgabe“ neben der Flächenobergrenze schlug der Bürgermeister weiter vor, dass ein zusammenhängender Bereich von PV-Freiflächenanlagen maximal die Hälfte der insgesamt zulässigen Fläche umfassen soll, wobei der Gemeinderat in begründeten Fällen hiervon auch abweichen kann. Die bereits bisher formulierten Vorgaben, wonach diese von der Ortslage – konkret vom letzten Haus am Ortsrand aus – grundsätzlich nicht einsehbar sein sollen, könnten beibehalten werden, wobei auch hier in jedem Einzelfall vom Gemeinderat abschließend entschieden wird – eventuell auch unter Berücksichtigung begleitender Eingrünungen.

Bei der „Verteilung“ der zugelassenen Flächen soll den vor Ort bereits tätigen Projektentwicklern bzw. Grundstückseigentümern die Gelegenheit gegeben werden, Berücksichtigung zu finden. Als Voraussetzung soll gelten, dass bereits Aussagen des Netzbetreibers Netze BW bezüglich des Einspeisepunkts vorliegen. Damit kann sichergestellt werden, dass bereits eine gewisse Planreife gegeben ist.

Als „Einstiegsvorschlag“ für die Diskussion, welche Obergrenze festgelegt werden soll, schlug Bürgermeister Reinhold Teufel das vor, als aus seiner Sicht maximale vertretbar wäre, nämlich eine Anlagenfläche von 100 Hektar. Dies wären bezogen auf die Feld- und Wiesenflächen in Aichelau 13,25%. Er machte deutlich, dass er mit seinem Vorschlag bewusst an die oberste Grenze des vernünftig Vorstellbaren gegangen sei, um im Gremium die gesamte Bandbreite der Diskussion zu ermöglichen. Ausgehend davon, dass auf einem Hektar jährlich 1.000 Kilowattstunden Strom erzeugt werden können, würde die Gemeinde bei einer solchen Flächenausweisung entsprechend § 6 EEG eine Beteiligung in Höhe von 0,2 Cent pro Kilowattstunde bekommen, jährlich also 200.000 €. Hochgerechnet auf die Gesamtlaufzeit von 20 Jahren würden die Einnahmen der Gemeinde bei 4 Millionen Euro liegen. Der Bürgermeister wies noch einmal darauf hin, dass diese Einnahmen im Gegensatz zu den Einnahmen aus der Gewerbesteuer zu 100% in der Gemeinde verbleiben und somit letztendlich allen Einwohnerinnen und Einwohnern zu Gute kämen.

In der Diskussion wurde aber sehr schnell deutlich, dass der Gemeinderat nicht gewillt ist, eine derart weitgehende Flächenausweisung zu ermöglichen. Gemeinderat Michael Zirkel gab zu bedenken, dass der touristische Wert der Gemeinde hierdurch deutlich geschmälert werde. Zudem meldete er Zweifel daran an, dass die Gemeinde tatsächlich im vorgegebenen Umfang an den Erträgen beteiligt werde. Er schlug deshalb vor, Flächenausweisungen für PV-Freiflächenanlagen auf maximal 5% der Feld- und Wiesenflächen zu begrenzen.

Gemeinderätin Nicole Frasch wollte nicht ausschließen, dass im Laufe der Zeit weitere Flächen freigegeben werden, sie sprach sich aber für ein schrittweises Vorgehen aus und unterstützte den Vorschlag, mit 5% zu starten – auch, weil dies sicher auf mehr Akzeptanz bei der Landwirtschaft und der Bevölkerung stoßen würde.

Gemeinderat Karlheinz Schultes sprach generelle Zweifel beim Ausbau der erneuerbaren Energien an. Es könne durchaus sein, dass die technische Entwicklung rasant voranschreite und es schon in Kürze andere und effektivere Möglichkeiten der Energieerzeugung gebe, solche Anlagen dann aber trotzdem für viele Jahre das Landschaftsbild beeinträchtigen.

Gemeinderat Cölestin Waidmann erinnerte daran, dass im Gemeinderat schon bei der Diskussion über die Bereitstellung gemeindeeigener Flächen für PV-Freiflächenanlagen die Option angesprochen wurde, auf solche Anlagen zu verzichten und stattdessen zu den vermutlich nicht mehr zu verhindernden Windenergieanlage im Staatswald eine oder zwei weitere Anlagen auf Gemeindegrund zu realisieren. So könnte die Gemeinde mit deutlich weniger Flächeneinsatz ähnliche Einnahmen generieren.

Letztendlich stand der den erneuerbaren Energien erklärtermaßen positiv gesonnene Bürgermeister alleine mit seinem Vorschlag, die Flächenbegrenzung auf 100 Hektar oder 13,8% festzusetzen, als weitergehenden Antrag stellte er diesen entsprechend den rechtlichen Vorgaben als ersten zur Abstimmung. Der Vorschlag von Gemeinderat Zirkel, die Flächenbegrenzung auf 5% und damit 37,75 Hektar festzusetzen, wurde schließlich einstimmig angenommen. Ebenfalls einstimmig bestätigt wurden die vorgeschlagenen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Sichtbarkeit von der Ortslage her und der maximalen Größe von Blöcken.

Die Gemeinde wird nun auf die vor Ort tätigen Akteure zugehen, um mit diesen die weitere Vorgehensweise im Hinblick auf die notwendige Bauleitplanung zu besprechen.

Kategorien: PV-Anlagen auf Freiflächen