Der Startschuss wurde gegeben! Seit zwei Jahren laufen im Rahmen des Projekts „Zukunftsdorf Pfronstetten“ die Planungen für die Errichtung eines Nahwärmenetzes in Pfronstetten. In Informationsveranstaltungen wurden die Gebäudeeigentümer über diese Möglichkeit informiert.
Im südlichen und westlichen Bereich der Ortslage ist die Nachfrage ausreichend, um ein Wärmenetz wirtschaftlich zu bauen und zu betreiben, deshalb hat der Gemeinderat in seiner letzten Sitzung grünes Licht für die entsprechenden Ausschreibungen gegeben.
Dabei wurde deutlich, dass die bauliche Umsetzung in zwei Bauabschnitten erfolgen muss – aus mehreren Gründen. Die Gemeindeverwaltung hat für den Ausbaubereich geprüft, in wieweit andere Leitungsbauarbeiten notwendig sind. Speziell im Bereich zwischen der Wilsinger Straße und der Lindenstraße Süd besteht Sanierungsbedarf am Kanal- und Wasserleitungsnetz. Das Ingenieurbüro Langenbach wurde deshalb beauftragt, für diese Arbeiten Ausschreibungsunterlagen zu erarbeiten. Aufgrund der angespannten Auftragslage konnte lange kein Vermessungsbüro gefunden werden, das die notwendigen Geländeaufnahmen macht. Die benötigten Daten werden nach Lage der Dinge erst in diesen Tagen erhoben, so dass die für eine Ausschreibung benötigten Daten und Unterlagen frühestens im März vorliegen werden. Die Tief- und Leistungsbauarbeiten sollen aber im März vergeben werden, um eine Fertigstellung der Leitung bzw. eine Aufnahme der Wärmelieferung zum Winterhalbjahr 2022/2023 gewährleisten zu können. Wirtschaftlich wäre es aber nicht vertretbar, die Sanierungsarbeiten am Wasser- und Abwassernetz getrennt von der Verlegung der Nahwärmeleitung vorzunehmen. Aus diesem Grund kommt die Gemeinde nicht umhin, den Ausbaubereich in zwei getrennte Bauabschnitte aufzuteilen.
Die Grenze zwischen den beiden Bauabschnitten wird voraussichtlich im ausgangs der südlichen Lindenstraße liegen. Bürgermeister Reinhold Teufel berichtete weiter, dass diese Aufteilung auch aus anderen Gründen sinnvoll ist: Im geplanten 2. Bauabschnitt verfügen viele Haushalte schon heute über Internetzugänge mit mehr als 100 Mbit. Für diese wäre die Glasfaserverlegung noch in diesem Jahre im neuen Bundesförderprogramm nicht förderfähig. 2023 soll diese „Aufgriffsschwelle“ fallen, dann sind auch hier die hohen Zuschüsse möglich. Nachdem die Glasfaserleitungen zusammen mit dem Nahwärmenetz verlegt wird, verbessert dies also die Gesamtsituation.
Das Ausschreibungsverfahren für den ersten Bauabschnitt (südlicher Teil) wird nun angestoßen. Nachdem das Innenministerium mitgeteilt, dass die zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie erlassene Verwaltungsvorschrift „Investitionsfördermaßnahmen öA“ zwar nicht über den 31. Dezember 2021 hinaus verlängert wird, die Anwendung der höheren Wertgrenzen für freihändige Vergaben (bis 100.000 €) und beschränkte Ausschreibungen (100.001 – 1.000.000 €) aber für einen Übergangszeitraum bis zum 31. März 2022 toleriert wird und die voraussichtlichen Baukosten für den Tiefbau (netto 490.000 €) und den Leitungsbau (netto 400.000 €) innerhalb der Wertgrenzen für eine beschränkte Ausschreibung liegen, kann somit zumindest für den ersten Bauabschnitt auf eine teure öffentliche Ausschreibung verzichtet werden.
Die Vergabe für den zweiten Bauabschnitt kann dann im Laufe des Jahres erfolgen, dann nach einer entsprechenden öffentlichen Ausschreibung. Der Baubeginn in diesem Bereich wird sich u.a. danach richten, welches Unternehmen zum Zug kommt. Eine Wärmeversorgung der im zweiten Bauabschnitt liegenden Gebäude zur Heizperiode 2022/2023 wird aber nicht möglich sein.
Der als Standort der Heizzentrale vorgesehen Bereich am östlichen Ortsrand von Pfronstetten konnte zwischenzeitlich erworben werden und steht zur Verfügung. Das erforderliche Bebauungsplanverfahren wird in Kürze eingeleitet. Ursprünglich vorgesehen war eine Wärmeerzeugung durch ein Holzhackschnitzel-Heizwerk und eine Solarthermieanlage. Dies wäre unter ökologischen Gesichtspunkten die beste Lösung, allerdings sind die Fördermodalitäten nach wie vor nicht geeignet, ein solches Netz auch wirtschaftlich bauen und betreiben zu können. Aus diesem Grund wurden Alternativen geprüft.
Die einfachste Variante ist ein Blockheizkraftwerk auf Flüssiggasbasis, mit dem mindestens 15% der benötigten Wärme erzeugt werden muss. Dann kann für die Gesamtmaßnahme eine Förderung nach dem Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz – KWKG 2020) erfolgen. Der weitaus größere Anteil der benötigten Wärme (bis zu 85%) würde dann über ein Holzhackschnitzel- oder Pellets-Heizwerk erzeugt werden. Die Spitzenlast könnte über die vorhandene Ölheizung in der Albhalle abgedeckt werden.
Alternativ hierzu prüft die Gemeindeverwaltung die Verlegung einer Gasleitung von der Biogasanlage in Aichelau. Ausgehend von den geführten Vorgesprächen wird dort ausreichend Biogas produziert, um ein weiteres Blockheizkraftwerk zu betrieben. Die hierbei anfallende Abwärme wäre ausreichend, um das Netz in Pfronstetten zuverlässig zu versorgen, zur Abdeckung von Lastspitzen und als Ausfallsicherung könnte ebenfalls in der Albhalle ein Ölkessel vorgehalten werden.
Die Lösung Biogas-BHKW kann keinesfalls bis zur geplanten Inbetriebnahme des Netzes realisiert werden. So stehen für die benötigte Gasleitung, die im Zusammenhang mit einer Leitungsbaumaßnahme der Netze BW zwischen Pfronstetten und Aichelau mitverlegt werden könnte, noch behördliche Genehmigungen aus. Aus diesem Grund müsste für die Heizperiode 2022/2023 zwingend eine provisorische Wärmeerzeugung vorgesehen werden. Diese wäre über eine Container-Heizung möglich, wie sie von der Firma CSP angeboten werden.
Alle ernsthaften Interessenten haben inzwischen ein verbindliches Angebot für die Wärmelieferung erhalten. Unter Berücksichtigung der gestiegenen Baukosten ist es noch nicht gesichert, dass die Einnahmen aus der Wärmeversorgung – Anschlussbeiträge und Wärmepreis – von Anfang an eine „schwarze Null“ ermöglichen. Aus diesem Grund kann nicht ausgeschlossen werden, dass für „Nachzügler“, die erst im Rahmen der Leitungsbauarbeiten einen entsprechenden Vertrag unterschreiben, höhere Anschlussbeiträge angesetzt werden. Es lohnt sich also, frühzeitig einen entsprechenden Vertrag abzuschließen.
Angesichts der Preisentwicklung bei den fossilen Brennstoffen kann gesichert davon ausgegangen werden, dass die Wärme aus dem Nahwärmenetz auf jeden Fall dauerhaft günstiger sein wird als eine Ölheizung. Nachdem ältere Ölheizungen ohnehin im nächsten Jahrzehnt ersetzt werden müssen, stellt ein solcher Anschluss auch im Hinblick auf die Investitionskosten die beste Lösung dar. Nur wer mit selbst gemachtem Holz heizt, wird billiger an Wärme kommen – wenn er die hierfür eingesetzte Arbeitszeit nicht einberechnet.
Das Planungsbüro Zelsius geht aktuell davon aus, dass die Variante „Flüssiggas / Holzhackschnitzel“ einschließlich des Leitungsbaus Investitionskosten in Höhe von 2.974.256,00 € ergibt, die Variante „Biogas / Pellets“ wird auf 3.513.360,00 € geschätzt. Die Mehrkosten ergeben sich aus den Kosten der Gasleitung zwischen Aichelau und Pfronstetten, außerdem wäre bei dieser Lösung ein größerer Pufferspeicher notwendig.
Für den Leitungsbau wäre in beiden Fällen eine Förderung in Höhe von rund 600.000 € möglich. Die Beantragung erfolgt auf der Grundlage des KWK-Gesetzes nach Fertigstellung des Netzes, die Zuschussgewährung ist gesichert. Inwieweit eine Förderung für den Bau der Gasleitung möglich ist, wird aktuell geprüft. Eine solche Förderung würde gegebenenfalls die Jahreskosten und damit auch den Wärmepreis weiter reduzieren.
Entscheidender als die Investitionskosten sind aber die Jahreskosten, die sich unter Berücksichtigung der Abschreibung und Verzinsung der Investitionskosten (= Kapitalkosten) und der verkauften Wärmemenge (geschätzt rund 1,35 Millionen kWh) ergeben. Bei beiden Varianten – der von der Investition her teureren, von den Energiekosten her aber günstigeren Variante Biogas / Pellets wie auch bei der von der Investition her günstigeren, von den Energiekosten her aber teureren Variante Flüssiggas / Pellets würden sich jährliche Kosten in Höhe von rund 150.000 € ergeben. Mit dem angekündigten Vollkostenwärmepreis von knapp unter 11 Cent wäre der Betrieb des Wärmenetzes in beiden Fällen ab dem dritten Jahr mit einer schwarzen Null rentabel.
Zum Vergabebeschluss liegen konkrete Zahlen für den Leitungsbau vor, der gut 30% der Gesamtkosten ausmacht. Damit kann dann die Frage der Rentabilität noch ein Stück detaillierter dargestellt werden. Aus ökologischen wie auch aus ökonomischen Gesichtspunkten stellt die Errichtung eines Nahwärmenetzes den richtigen Weg für die Zukunft dar. Schon jetzt ist vor Ort ausreichend Interesse gegeben. Die Erfahrung aus anderen Projekten dieser Art zeigt, dass im Zuge der Bauausführung bzw. auch noch im Laufe der Jahre weitere Anschlüssen hinzukommen.