Im November 2015 hatten die Gemeinderäte der Stadt Hayingen und der Gemeinden Pfronstetten und Zwiefalten beschlossen, im Rahmen eines über das Programm LEADER geförderten Gutachtens die Möglichkeiten eines Ausbaus der interkommunalen Zusammenarbeit prüfen zu lassen. Nunmehr wurden in der Pfronstetter Albhalle die Ergebnisse der Untersuchung vorgestellt.
Einleitend erinnerte der Pfronstetter Bürgermeister Reinhold Teufel als Verbandsvorsitzender des Gemeindeverwaltungsverbands Zwiefalten/Hayingen an die Geschichte des Verbands: Im Zuge der Gemeindereform Mitte der 1970er Jahre wurden im ganzen Land kleine Gemeinden in größere eingemeindet oder mit anderen in neue Gemeinden zusammengefasst. Seinen Abschluss fand dieser Prozess mit dem „Gesetz zum Abschluss der Neuordnung der Gemeinden“ im Jahr 1974. Durch dieses Gesetz wurde die Gemeinde Pfronstetten in ihrer heutigen Form gegründet, die bis dato noch selbständige Gemeinde Indelhausen wurde in die Stadt Hayingen eingegliedert und die Gemeinden Pfronstetten und Zwiefalten bildeten zusammen mit der Stadt Hayingen den Gemeindeverwaltungsverband Zwiefalten/Hayingen mit Sitz in Zwiefalten.
Der gemeinsame Gemeindeverwaltungsverband war auch die Voraussetzung dafür, dass die drei Verbandsgemeinden ansonsten selbständig bleiben durften. Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von unter 8.000 Einwohner mussten – so der Grundgedanke der Gemeindereform – zur Sicherstellung einer geordneten Aufgabenerfüllung einen Teil ihrer Zuständigkeiten auf sogenannte Verwaltungsgemeinschaften übertragen.
In der 1975 beschlossenen Verbandssatzung wurde festgelegt, welche Aufgaben der GVV künftig für die Verbandsgemeinden erledigen soll. Die genannten Erfüllungsaufgaben wie die Fortschreibung des Flächennutzungsplans und die Unterhaltung der Gemeindeverbindungsstraßen werden seither vom Verband wahrgenommen. Ebenfalls vorgesehen war, dass der GVV mit eigenem Personal die Abwicklung der Bebauungsplanverfahren und die Betreuung von Hoch- und Tiefbaumaßnahmen in den drei Gemeinden übernimmt. Tatsächlich „gelebt“ wurde diese Festlegung allerdings nicht, wohl auch deshalb, weil der GVV nie über wirklich eigenes Personal verfügte, sondern seit seiner Gründung zur Aufgabenerledigung auf Verwaltungsmitarbeiter der Verbandsgemeinden zurückgreift. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Abgaben-, Kassen- und Rechnungsgeschäfte der Verbandsgemeinden seither nur aufgrund einer Ausnahmeregelung des Landratsamts von den Gemeinden selbst erledigt wird. Grundgedanke der Reform war, dass gerade diese anspruchsvollen Verwaltungsaufgaben zentral vom Verband erledigt werden sollen.
Im Großen und Ganzen hat die Aufgabenerledigung in den Verbandsgemeinden seither funktioniert. Während Hayingen und Zwiefalten schon seit der Gemeindereform die Abgaben-, Kassen- und Rechnungsgeschäfte durch entsprechende Kämmerer abdeckte, wurde dieser Schritt in Pfronstetten erst 2010 vollzogen.
In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass insbesondere auch durch die Digitalisierung der Verwaltungsabläufe die Anforderungen an die eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stetig gestiegen sind. Auch der Aufgabenumfang hat stetig zugenommen, exemplarisch wird hier auf den deutlich gewachsenen Verwaltungsaufwand bei der Ausweisung von Bauflächen hingewiesen. Dennoch haben es die drei Verbandsgemeinden bisher geschafft, ihre Aufgaben ordentlich zu erledigen, ohne dass die Anzahl der Mitarbeiter wesentlich erhöht wurde. Mit der Umstellung des kommunalen Finanzwesens auf die Doppik und die ab 2021 weitgehend gegebenen Umsatzsteuerpflicht der Gemeinden kommen nun neue Aufgaben hinzu, die dauerhaft zu einer Mehrbelastung führen.
Probleme bereitet den Gemeinden auch eine weitere Entwicklung: Aufgrund der gegebenen Spezialisierung der Aufgaben sind die Gemeinden darauf angewiesen, gut ausgebildetes Fachpersonal zu beschäftigen. Gerade im Bereich des gehobenen Verwaltungsdienstes, der im Regelfall die Amtsleiterebene in den Rathäusern stellt, ist die Bewerberlage mehr als angespannt, es wird zunehmend schwierig, qualifizierte Bewerber zu bekommen, die dann auch – für kleine Verwaltungen besonders wichtig – längere Zeit ihre Aufgabe wahrnehmen.
Auf Dauer, und in dieser Einschätzung stimmten die Gemeinderäte der drei Verbandsgemeinden überein, ist es deshalb mehr als sinnvoll, das Fachpersonal in den drei Rathäusern besser miteinander zu vernetzen und die Arbeitsabläufe aneinander anzugleichen. Die hierfür notwendigen regelmäßigen Treffen sollen auch dazu beitragen, das vorhandene Fachwissen auszutauschen und zu teilen. Dann wäre es auch einfacher, dass bei personellen Notlagen von der Nachbargemeinde Hilfe geleistet werden kann.
Eine solche Vernetzung könnte dann auch die Grundlage für das sein, was vom Büro Heyder+Partner aus Tübingen im Rahmen des Gutachtens zur interkommunalen Zusammenarbeit als mögliche Kooperationsfelder ausgemacht wurde: Nämlich eine gemeinsame Aufgabenerledigung, durch welche die Leistungsfähigkeit aller drei Rathausstandorte gesichert werden kann.
Der organisatorisch einfachste und betriebswirtschaftlich sinnvollste Weg der gemeinsamen Aufgabenerledigung wäre es, alle Verwaltungsaufgaben an einem Ort zusammenzufassen. „Diesen Weg wollen wir bewusst nicht gehen“ machte der Verbandsvorsitzende Reinhold Teufel deutlich, „denn das würde einen Gewinner und zwei Verlierer produzieren“. Ein „Königsweg“ zur Lösung dieses Problems wurde indes ausgemacht und im Rahmen des Gutachtens auch näher beleuchtet: Nämlich die Bildung sogenannter Kompetenzrathäuser.
„Unser Ziel muss es sein, dass wir in allen drei Häusern genügend Menschen haben, um das örtliche Gemeinwesen auch in Zukunft scherstellen zu können“, so Reinhold Teufel weiter. Jeder Personalabbau würde die ohnehin nur sparsam besetzten Häuser in Urlaubszeiten und bei Krankheitsfällen an den Rand der Arbeitsfähigkeit bringen. Deshalb sollen beim Konzept der Kompetenzrathäuser nicht die Arbeitskräfte an einem Ort zentralisiert werden, sondern einzelne Aufgaben.
Melanie Hollerbach vom Büro Heyder+Partner stellte dann mehrere Aufgabenbereiche vor, die sich in dieser Art jeweils auf einen der drei Standorte zentralisieren ließen und machte auch deutlich, welche Bereiche unbedingt in allen Rathäusern verortet bleiben sollten.
So soll es auch zukünftig möglich sein, sich in allen Rathäusern anzumelden, dort Ausweisdokumente und Führungszeugnisse zu beantragen und Baugesuche einzureichen. Auch die ureigenen örtlichen Aufgaben wie das Vereinswesen, kulturelle Angelegenheiten, der Tourismus und die Schulen und Kindergarten müssen zwingen vor Ort bleiben. Die Zuständigkeit für den Bereich der öffentlichen Ordnung (mit Katastrophenschutz) soll ebenso unangetastet bleiben wie die Geschäftsstelle des Gemeinderats und der Grundstücksverkehr.
Sinnvoll wäre dagegen eine Zusammenfassung von Aufgaben aber in den Bereichen Abgaben-, Kassen- und Rechnungsgeschäfte (Kämmereiwesen), Bauverwaltung (Bebauungspläne, Hoch- und Tiefbaumaßnahmen), Standesamtswesen und Rentenberatung. Eine Zentralisierung bedeutet dabei nicht, dass man beispielsweise nicht mehr vor Ort heiraten kann. Der Akt der Eheschließung kann weiterhin von den Bürgermeistern und anderen Mitarbeitern als sogenannten Eheschließungsstandesbeamten vor Ort durchgeführt werden, lediglich die formale Sachbearbeitung würde zentral in einem Haus erledigt. Auch wäre vorgesehen, dass auch die Rentenberatungsgespräche dezentral in den einzelnen Rathäusern oder im Bedarfsfall auch zuhause bei den Bürgern stattfinden kann – dann aber durchgeführt von einem Mitarbeiter, der dies für alle der Gemeinden erledigt.
Durch eine gleichmäßige Verteilung dieser Aufgaben könnte nicht nur der Bestand der drei Verwaltungsstandorte sichergestellt werden. Es könnten in den Häusern die Zuständigkeiten auch so gebündelt werden, dass die dortigen Mitarbeiter sich auch gegenseitig besser vertreten können. Urlaubszeiten und auch länger andauernde Krankheitsfälle könnten so besser abgedeckt werden. Auch bei personellen Wechseln hätte dies Vorteile, es wäre jemand da, der neue Kräfte umfassend einarbeiten könnte.
„Dies war auch ein Punkt, der bei der Vorstellung des Ergebnisses im Kreis der Mitarbeiter als Vorteil gesehen wurde, wenngleich es durchaus noch Vorbehalte bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gibt“ ergänzte Reinhold Teufel. In der gemeinsamen Personalversammlung wurde außerdem deutlich gemacht, dass es nicht um einen Stellenabbau und auch nicht um die Versetzung einzelner Mitarbeiter in andere Rathäuser gehe. Denkbar wäre es aber, dass es zu neuen Zuständigkeiten und Aufgabengebieten komme.
Gespannt waren die Mitglieder der drei Gemeinderäte auch auf das Ergebnis der durchgeführten Fragebogenaktion. Wenig berauschend waren dabei die Teilnehmerzahlen: 61 Fragebögen in Hayingen, 31 in Pfronstetten und 35 in Zwiefalten ergaben eine Gesamtbeteiligung von etwas mehr als 2% der Bevölkerung. Geht man davon aus, das je Haushalt nur ein Fragebogen eingereicht wurde, haben sich immerhin rund 10 % der Haushalte beteiligt. Auf eine entsprechende Nachfrage hin räumte Melanie Hollerbach ein, dass die Umfrage damit sicherlich nicht als repräsentativ angesehen werden dürfe, gleichwohl lasse sie gewisse Tendenzen erkennen.
Zwei Drittel der Befragten halten es demnach für sehr praktikabel oder zumindest praktikabel, beispielsweise die Rentenberatung an einen Standort zusammenzufassen – sogar ohne, dass die Möglichkeit von Sprechtagen in den anderen Rathäusern explizit angeboten wurde. 18% sehen es neutral und nur 16% halten es für nicht praktikabel.
Die Zentralisierung der Aufgaben des Standesamts sieht ebenfalls mehr als die Hälfte der Befragten (54%) für sehr praktikabel oder zumindest praktikabel an. 23% sehen dies neutral, so dass weniger als ein Viertel der Befragten dem ablehnend gegenübersteht. Ähnlich ist das Bild beim Friedhofswesen: 52% der Befragten finden eine zentrale Bearbeitung praktikabel oder eher praktikabel, 19% sehen dies neutral und 39% halten es für (eher) nicht praktikabel. Bemerkenswert sind die Ergebnisse bei der Frage, ob die Befragten einen Anfahrtsweg von fünf bis zehn Minuten (und damit dürften alle Wegstrecken zwischen den einzelnen Ortsteilen und den Rathausstandorten machbar sein) bis zur zuständigen Stelle akzeptieren würden. Bei den Rentenangelegenheiten halten dies 79% für machbar, bei den Standesamtsangelegenheiten 68% und bei den Friedhofsangelegenheiten 65%.
Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang, dass im Rahmen der Befragung auch noch deutlich weitergehende Vorschläge gemacht wurden. In einer Zuschrift wurde folgendes angeregt:
Es wäre schon lange höchste Zeit, die Gemeinden Hayingen, Zwiefalten und Pfronstetten zu einer Gemeinde zusammenzuschließen. 1 Bürgermeister, 1 Verwaltung, 1 Rathaus, da wir es ja nicht einmal (alle 3 Gemeinden) auf keine 6.000 Einwohner bringen (…). Unsere Nachbargemeinden Hohenstein, Trochtelfingen und Engstingen bringen es ja auf über 6.000 Einwohner“.
Die Aussagen sind zwar nur bedingt richtig (Hohenstein hat 3.700 Einwohner), aber die damit aufgeworfene Fragestellung eines freiwilligen Zusammenschlusses der drei Verbandsgemeinden sollte in einem solchen Prozess durchaus angesprochen werden dürfen, machte Reinhold Teufel deutlich. Gleichwohl ginge er davon aus, dass in allen drei Verbandsgemeinden eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung für einen Fortbestand in Selbständigkeit ist.
Aus Sicht der Gutachter, dies machte Melanie Hollerbach deutlich, lasse das Ergebnis der Bürgerbeteiligung nicht darauf schließen, dass die Bevölkerung gegen diese Überlegungen Sturm laufen würden. Sie empfahl daher, den angestoßenen Prozess weiterzuführen.
Die mögliche weitere Vorgehensweise machte der Verbandsvorsitzende Reinhold Teufel in seinem Schlusswort deutlich. Zunächst ist vorgesehen, dass sich die drei Gemeinderäte in getrennten Sitzungen noch einmal mit dem Gutachten und dem Ergebnis der Bürgerbeteiligung befassen. Sofern alle drei Gremien einer Fortsetzung des Prozesses zustimmen, sollen unter wesentlicher Miteinbeziehung der Verwaltungsmitarbeiter die Rahmenbedingungen hierfür angegangen werden, nämlich die stärkere Vernetzung der Mitarbeiter mit gleichen Aufgabenbereichen und die Abstimmung der Arbeitsabläufe. Wann es tatsächlich zu einer Umsetzung des Modells der Kompetenzrathäuser komme, war für Teufel noch nicht absehbar. „Wir können nicht ausschließen, dass wir irgendwann einmal gezwungen sind, diesen Schritt zumachen – beispielsweise dann, wenn wir nicht mehr genügend Fachpersonal finden. Dann möchten wir hierauf vorbereitet sein“.
Mit der abgewandelten Weisheit „Organisiere in der Zeit, dann bist du in der Not vorbereitet“ schloss der Verbandsvorsitzende die gemeinsame Sitzung.
Präsentation in der gemeinsamen Sitzung der Gemeinderäte am 19.09.2018