Keine Mehrheit für Windenergieanlage auf Gemeindeflächen

Kein Stuhl blieb frei bei der abschließenden Beratung des Themas Windkraft auf Gemeindeflächen

Der Gemeinderat blieb sich treu! Schon in der Vergangenheit gab es im Gremium keine große Begeisterung für die Idee, auf Gemeindeflächen Windenergieanlagen zuzulassen. Selbst die Chance auf deutlich höhere Einnahmen bei einer voraussichtlich unveränderten Anlagenzahl im Gemeindegebiet änderte daran nichts, der entsprechende Verwaltungsvorschlag erhielt keine Mehrheit.

Einig war sich das Gremium darüber, dass die Vorbereitung dieses weitreichenden Beschlusses mehr als ausreichend war, schließlich liegt das Thema seit über zehn Jahren auf dem Tisch. Der Bereitstellung von Flächen der Holzgerechtigkeit Aichelau wurde unlängst zugestimmt – allerdings erst, als die nach den Statuten notwendige Dreiviertelmehrheit bereits erreicht war. Dort sollen jetzt sechs Anlagen entstehen.

Im westlichen Gemeindebereich hatte Forst BW im vergangenen Jahr rund 500 Hektar Staatswaldflächen an den Projektentwickler wynkraft aus Elmhorn verpachtet, der sich in diesem Bereich bis zu 20 Anlagen vorstellen kann. In ersten Gesprächen mit der Gemeindeverwaltung wurde diese Anzahl dann auf 16 Anlagen reduziert, ein entsprechendes Flächenlayout wurde im Oktober öffentlich im Gemeinderat vorgestellt.

Schon vorab hatte wynkraft angeboten, einen Teil dieser Anlagen auf Gemeindeflächen zu verschieben – bei gleichbleibender Gesamtanzahl. Vor einer Entscheidung wollte der Gemeinderat ein objektives Bild über die Interessenlagen, deshalb wurden weitere in der Region tätige Projektentwickler angefragt. Deren Standortvorschläge – ebenfalls im Oktober öffentlich im Gemeinderat vorgestellt – hätten aber auf jeden Fall zu einer größeren Anzahl von Anlagen im Gemeindegebiet geführt.

Im November schließlich stellten die örtlichen Bürgerinitiativen ihre Sicht der Dinge im Gemeinderat vor. Eingeräumt wurde, dass es vermutlich nicht gelingen wird, Windenergieanlagen im Gemeindegebiet gänzlich zu verhindern. Durch die Anlehnung von Gemeindeflächen sahen sie aber immerhin die Chance, die Anzahl der im westlichen Gemeindegebiet geplanten Anlagen zu reduzieren. Was wiederum tatsächlich denkbar ist, kommt es doch bei Projektplanungen immer wieder vor, dass einzelne Standorte herausfallen.

Am Schluss geht es bei solchen Dingen immer auch ums Geld, deshalb wurde auch dieser Punkt geprüft. Die Gemeinde profitiert grundsätzlich auch dann von Windenergieanlagen, wenn diese nicht auf Gemeindegrund stehen, nämlich über die Gemeindezuwendung nach §6 EEG. Für jede erzeugte Kilowattstunde – egal ob PV oder Wind – erhält die Standortgemeinde zwanzig Jahre lang 0,2 Cent. Bei modernen Windenergieanlagen mit einem Jahresertrag von ca. 14 Millionen kWh wären dies 28.000 € pro Anlage, bei 22 Anlagen (sechs in Aichelau, 16 im westlichen Bereich) also insgesamt rund 600.000 €. Allerdings wird diese Zuwendung bei Windenergieanlagen auf die Flächen verteilt, die im Umkreis von 2,5 km liegen. Weil die Standorte nahe der Markungsgrenzen liegen, wurde vereinfacht davon ausgegangen, dass die Gemeinde ungefähr die Hälfte (jährlich rund 300.000 €) erhält, der Rest geht an die jeweilige Nachbargemeinde.

Deutlich stärker und zudem auch während der gesamten Betriebszeit der Anlagen (25 bis 30 Jahre) profitiert die Gemeinde, wenn sie Eigentümerin von Standortflächen ist. Niedrige sechsstellige Mindestpachtbeträge pro Standort sind hier die Regel, über die direkte Beteiligung an den Erträgen dürften die Jahrespacht tatsächlich über die Mindestbeträge hinausgehen. Auch wenn die genauen Zahlen aus Wettbewerbsgründen öffentlich nicht genannt werden können ist davon auszugehen, dass die jährlichen Einnahmen bei einer Bereitstellung von Gemeindeflächen zwischen 600.000 und 900.000 € liegen dürften, also zwei- bis dreimal so hoch. Aufsummiert auf 25 Betriebsjahre liegt der Unterschied irgendwo zwischen 7,5 und 15 Millionen Euro.

Durch teilweise deutliche Kostensteigerungen bei Bauvorhaben – allein das Dorfgemeinschaftshaus Aichelau wird rund eine Million teurer als geplant – und nicht vorhersehbare Gewerbesteuerrückzahlungen in Millionenhöhe wird sich die aktuell noch ordentliche Haushaltslage in den kommenden Jahren deutlich verschlechtern. Deshalb wurde schon in der Haushaltssitzung 2023 eine kräftige Neuverschuldung in Millionenhöhe im Jahr 2024 angekündigt. In der mittelfristigen Finanzplanung noch gar nicht abgebildet ist die Sanierung der Albhalle, deren Kosten im Bereich von drei bis fünf Millionen liegen dürften, hinzu kommt der absehbare Mehraufwand für die Ganztagsbetreuung an der Grundschule. Die möglichen Mehreinnahmen hätten also viel dazu beigetragen, diese anstehenden Zukunftsaufgaben solide zu finanzieren.

Diese Chance auf dauerhafte Mehreinnahmen wurde von einzelnen Ratsmitgliedern tatsächlich als Druck empfunden. Nicole Frasch bemängelte, dass von der Gemeindeverwaltung nicht aufgezeigt wurde, wie die Gemeinde ihre zusätzlichen Aufgaben ohne diese möglichen Mehreinnahmen stemmen möchte. Bei anderen wie Karlheinz Schultes und Daniel Rauscher überwog ein ungutes Bauchgefühl beim Gedanken daran, dass Windenergieanlagen realisiert werden sollen. Michael Zirkel sprach sich auch deshalb dafür aus, die Entscheidung zu vertagen, bis mehr über die von den Bürgerinitiativen befürchteten Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Gesundheit bekannt ist. Innerhalb der im Raum stehenden Planungsfrist ist hier aber freilich nicht mit belastbaren Erkenntnissen zu rechnen.

Herbert Aicher wies darauf hin, dass es bei einer Ablehnung gut sein könne, dass am Schluss gleich viel Anlagen im Gemeindegebiet stehen und man sich gerade von der jungen, Generation, die den erneuerbaren Energien aufgeschlossener gegenübersteht, zurecht fragen lassen müsse, weshalb man auf viel Geld verzichtet habe, ohne einen Effekt zu erzielen.

Diese Sichtweise teilte auch Bürgermeister Reinhold Teufel: Zwar sei klar, dass die deutliche Mehrheit der Zuhörer im Sitzungssaal grundsätzlich gegen die Windenergie sei. Wie aber die Bevölkerung in ihrer Gesamtheit darüber denke, sei unbekannt. Er erinnerte an die vergleichbare Situation in Engstingen, wo es nach einer vorher ebenso undurchsichtigen Situation zu einer deutlichen Zustimmung in einem Bürgerentscheid kam. Hinzu käme, dass in den westlich angrenzenden Vorranggebieten auf Markung Kettenacker und Ittenhausen weitere Anlagen zu erwarten sind. Selbst wenn es gelänge, die Anzahl der Anlagen in der Gemeinde zu reduzieren – einige hundert Meter weiter dürften dann andere Anlagen stehen.

Die Befürworter der Windenergie hätten lange genug Gelegenheit gehabt, ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen, entgegnete Nicole Frasch. Die Möglichkeit eines Bürgerentscheids hätte auch von Seiten der Befürworter schon früher ins Gespräch gebracht werden können.

Die Diskussion war intensiv, zeigte aber doch, dass die Meinungen im Gemeinderat eigentlich schon vorher gebildet waren. Die Abstimmung endete schließlich mit einem Patt: Sechs Stimmen standen für den Verwaltungsvorschlag, Gemeindeflächen bereitzustellen, sechs weitere Stimmen dagegen. Entsprechend den gesetzlichen Regelungen war der Antrag damit abgelehnt.

Kategorien: Gemeinde