Knappe Entscheidung: Kirche soll Träger des Kindergartens bleiben

Nicht nur der Außenbereich des Pfronstetter Kindergartens ist aktuell eine Baustelle, sondern auch die Trägerschaft der Einrichtung: Der seit 50 Jahren laufende Vertrag mit der örtlichen Kirchengemeinde läuft aus, in einer überraschend kontroversen Debatte sprach sich der Gemeinderat mit nur knapper Mehrheit dafür aus, dass dies vorerst so bleiben soll.

Der Kindergarten Pfronstetten wurde 1973 errichtet, und zwar von der politischen Gemeinde. Die Kirchengemeinde steuerte damals 350.000 DM zu den Baukosten bei und sicherte sich dadurch die Trägerschaft der Einrichtung, und zwar auf die Dauer von 50 Jahren. Finanziell blieb die Hauptlast bei der politischen Gemeinde, sie trägt seither nicht nur den gesetzlich vorgeschriebenen Anteil von 63% der Gesamtkosten, sondern zuletzt auch 40% der nach Abzug der Elternbeiträge und sonstigen Zuweisungen verbleibenden Abmangels.

Mit dem Ablauf der 50-Jahres-Frist hätte die Gemeinde nun die Möglichkeit, die Trägerschaft in die eigenen Hände zu nehmen, ohne den seinerzeitigen Baukostenzuschuss der Kirche in Teilen zurückzahlen zu müssen. Nachdem die Zusammenarbeit der politischen Gemeinde mit der Kirchengemeinde in der Vergangenheit durchaus Höhen und Tiefen hatte, wurde in den vergangenen Jahren eine solche Übernahme immer einmal wieder als Option in den Raum gestellt.

Die erwähnten „Tiefen“ hatten vor allem mit dem Betrieb der Einrichtung und damit mit der Ausgestaltung der Trägerschaft zu tun: Lange Jahre lang kümmerte sich die Kirche nur recht spärlich um die Einrichtung, sämtlich Hausmeisterdienste, die Reinigungsarbeiten und auch vieles im organisatorischen Bereich – also klassische Trägeraufgaben – wurden der Gemeindeverwaltung, die eigentlich nur die Rolle des Gebäudeeigentümers und damit des Vermieters einnimmt. Im Gegenzug traf die Kirche nicht selten Personalentscheidungen, ohne dass die Gemeinde wie vereinbart hier miteinbezogen wurde. Auch das unliebsame Thema der regelmäßigen Gebührenanpassungen wurde geflissentlich dem Gemeinderat überlassen.

„Seit ein paar Jahren sind wir hier einen deutlich strengeren Kurs gefahren“, berichtete Bürgermeister Reinhold Teufel, „Aufgaben des Trägers haben wir nicht mehr länger mit unserem Personal erledigt“. Zum Verdruss des Kindergartenpersonals, dies räumte der Bürgermeister ein. Notgedrungen hat sich das das für die örtliche Kirchengemeinde tätige Katholische Verwaltungszentrum in Riedlingen dieses Themas angenommen. Erleichtert wurde dies durch organisatorische Änderungen in der Diözese: Wo früher der Pfarrer formal nicht nur für das Seelenheil seiner Gemeindemitglieder, sondern eben auch für die Trägeraufgaben in vielen Kindergärten verantwortlich war, wurden in den kirchlichen Verwaltungszentren Stellen für Kindergartenbeauftragte geschaffen.

Seither läuft vieles sehr viel besser, in zahlreichen Gesprächen wurden die Zuständigkeiten geklärt und die Entscheidungs- und Verwaltungsabläufe angepasst. Der Kindergarten wird deshalb auch seit kurzem nicht mehr von der Gemeinde, sondern von einer kirchlich beauftragten Reinigungsfirma gereinigt. Miriam Fischer, bei der Gemeindeverwaltung unter anderem für den Kindergartenbereich verantwortlich, berichtete von regelmäßigen Besprechungen, in denen alle anstehenden Themen offen und transparent behandelt werden, so dass die Abläufe sich immer besser eingespielt haben. Auch Susanne Bausch, Leiterin des Kindergartens bestätigte, dass nach einer etwas rumpeligen Übergangszeit der Betrieb aktuell sehr gut laufe.

Grund genug für die Gemeindeverwaltung, dem Gemeinderat jetzt den Abschluss eines neuen Vertrags mit der Kirchengemeinde vorzuschlagen, der auf einen Mustervertrag der kommunalen Spitzenverbände mit den Landeskirchen zurückgeht. Darin werden insbesondere die Zuständigkeiten eindeutig geregelt. „Wichtig ist mir dabei“, so Bürgermeister Reinhold Teufel, „dass die wesentlichen Entscheidungen für das laufende Geschäft im Gemeinsamen Ausschuss, dem Vertreter der Kirchengemeinde und des Gemeinderats angehören sollen, getroffen werden“. Dies funktioniere aber nur dann, wenn diese Regelung dann auch „gelebt“ werde – worauf die Gemeindeverwaltung aber achten werde.

Wermutstropfen: Der neue Vertrag sieht eine höhere Abmangelbeteiligung der Gemeinde vor. Auf konkrete Zahlen heruntergebrochen: von jedem Euro, der für den Kindergarten aufgewendet wir, zahlt die Gemeinde künftig 86 Cent, die Eltern zahlen über ihre Beiträge 10 Cent und die Kirche als Träger nur 4 Cent. Im Bereich der Kinderkrippe beteiligt sich die Kirchengemeinde überhaupt nicht an den Kosten, Die Eltern tragen 10% der entstehenden Kosten, den Rest trägt die Gemeinde. „Das ist landesweit Usus, da können wir bei dieser Lösung nichts dran drehen“, so der Bürgermeister.

Für ihn stelle die kirchliche Trägerschaft letztlich nur eine weitere Form der interkommunalen Zusammenarbeit dar, ohne die Gemeinden im ländlichen Raum ihre Aufgaben auf Dauer nicht werden erledigen können: Die Verwaltung vieler Kindergärten wird in einer Hand, nur eben unter dem Dach der Kirche, gebündelt, so dass Synergien genutzt werden können. Speziell beim absehbaren Fachkräftemangel kann eine so größer geschnittene Einheit effizienter agieren als ein Heer von Einzelkämpfern.

Bei einer Übernahme der Trägerschaft durch die Gemeinde müssten im Rathaus zunächst zusätzliche Strukturen geschaffen werden, es müsste Personal angestellt werden. Nachdem auch in diesem Bereich Fachkräfte rar sind, wäre allein dies schon ein ambitioniertes Vorhaben.

Während sich Gemeindeverwaltung und Kindergartenpersonal also geschlossen für die Fortsetzung der Kooperation mit der Kirche aussprachen, kam aus dem Gemeinderat starker Gegenwind. Zu lange und zu eindringlich habe die Gemeindeverwaltung in der Vergangenheit über Probleme bei der Zusammenarbeit mit der Kirche berichtet, als dass man jetzt ohne größere Diskussion diesen Weg gehen könnte. „Ich hätte mir gewünscht, dass wir diesen Vertrag früher auf den Tisch bekommen hätten“, kritisierte Gemeinderat Karlheinz Schultes, „zumal ja schon seit Jahren klar ist, dass wir diese Entscheidung treffen können“. Schultes sprach sich dafür aus, vorerst auf der Grundlage des alten Vertrags weiterzuarbeiten und erst nach gründlicher Prüfung über einen neuen Vertrag nachzudenken.

Das wiederum würde Probleme im Steuerrecht aufwerfen: „Ab dem Jahreswechsel sind aufgrund des §2b Umsatzsteuergesetz in vielen Bereichen umsatzsteuerpflichtig“, machte Kämmerer Tim Scheible deutlich. Da macht es dann einen Unterschied ob der Bauhof gerufen wird, um im Auftrag des Gebäudeeigentümers ein Fenster zu reparieren oder um im Auftrag des Mieters einen Nagel in die Wand zu schlagen. Diese besonderen Umstände konnte der Vertrag aus den 1970er Jahren gar nicht berücksichtigen, deshalb muss zum 01.01.2023 auf jeden Fall eine neue Vertragsgrundlage her. Die langwierige steuerrechtliche Prüfung sei auch der Grund dafür, dass der Vertrag erst jetzt dem Gemeinderat vorgelegt werden konnte.

Für Unmut im Gremium sorgte auch, dass die Kirchengemeinde in Einzelfällen freie Plätze mit auswärtigen Kindern besetzt hat, was in der aktuellen Situation mit Platzmangel bei den Eltern für Verärgerung sorgte. Auch hier wurde gegengesteuert, die unlängst vorgestellten Regularien stellen sicher, dass einheimische Kinder den Vorrang haben.

Bürgermeister Reinhold Teufel warnte davor, übereilt in eine eigene Trägerschaft zu gehen. „Weder sind wir im Rathaus hierauf personell eingestellt, noch können wir garantieren, dass alle Mitarbeiterinnen im Kindergarten den Trägerwechsel mitmachen würden – zumal die Kirche besser zahlt als es der für Kommunen geltende Tarifvertrag vorsieht“. Eben weil der Fachkräftemangel auf absehbare Zeit das überragende Problem bei der Kinderbetreuung sei, sollten übereilte Schritte vermieden werden. „Wir können den neuen Vertrag künftig mit einer Frist von zwei Jahren kündigen, wenn sich die Zusammenarbeit nicht wie gewünscht entwickle“, so Teufel. Während einigen Gemeinderäten diese Zeit dann zu lang wäre, sieht sie der Bürgermeister als knapp genug an, um im Rathaus die notwendigen Strukturen aufzubauen und die Fachkräfte in der Einrichtung zu sichern.

Am Ende der Diskussion stand eine knappe Entscheidung: Fünf Ratsmitglieder sprachen sich für den neuen Vertrag aus, drei dagegen. Die für Pfronstetter Verhältnisse hohe Zahl von vier Enthaltungen machte deutlich, dass ein Teil des Gremiums diesen Weg zwar nicht für richtig hält, die Gemeinde und die Einrichtung auch nicht ins Chaos stürzen will. „Wir werden sehr genau darauf achten, dass sich die Zusammenarbeit mit der Kirche weiterhin positiv entwickelt“, versprach Bürgermeister Reinhold Teufel den Gemeinderäten. „Und über den Gemeinsamen Ausschuss haben Sie ja auch die Möglichkeit, hier mit zu steuern“.

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