Gemeinde prüft neues Nahwärmenetz in Aichelau

Nahwärme ist in Aichelau nichts Neues, hier wurden in den vergangenen Jahrzehnten auf private Initiative hin mehrere kleine Nahwärmenetze gebaut und seither ohne größere Probleme betrieben. Die Wärmelieferung erfolgt in allen Fällen durch örtliche Biogasanlagen.

Es hat sich nun jedoch gezeigt, dass die verlegten Kunststoffleitungen aufgrund der im Netz gegebenen Temperaturen und Drücke stark verschlissen sind. Der Einstieg in eine Erneuerung der Wärmeleitungen ist unumgänglich, hier besteht auch eine zeitliche Dringlichkeit. An die Gemeindeverwaltung wurde deshalb die Frage gerichtet, ob die Gemeinde wie in Pfronstetten auch in Aichelau die Errichtung und den dauerhaften Betrieb übernehmen könnte. Aktuell laufen bereits Gespräche mit dem Ingenieurbüro Lorinser aus Betzenweiler, das auf Wunsch der Akteure aus Aichelau hinzugezogen wurde. Das Büro prüft, welche Trasse für eine dann in Stahl ausgebaute neue Leitung wirtschaftlich sinnvoll realisierbar wäre.

In einem ersten Bauabschnitt könnte nach den derzeitigen Überlegungen – aufgrund der gegebenen Leitungsprobleme möglichst schon in diesem Jahr – eine neue Anbindung der Anschlussnehmer im Bereich Breite West geschaffen werden. Ein denkbarer zweiter Bauabschnitt, dessen Trassenverlauf derzeit nur als schematisch anzusehen ist, könnte eine Erweiterung in den Bereich Breite Nord / Wiesenweg umfassen. Dies würde dann eine Wärmeversorgung sowohl für das dort neu geschaffene Gewerbegebäude wie auch für das entstehende Dorfgemeinschaftshaus, die im Bereich Wiesenweg geplanten Wohnbauplätze und die im Bereich Wadenwiesen bestehenden Gebäude ermöglichen. In einem dritten, noch nicht näher beschriebenen Bauabschnitt könnte dann im Zuge der für 2024/2025 vorgesehenen Erneuerung der Ortsdurchfahrten Franz-Arnold-Straße und Hayinger Straße die übrigen Bereiche der Ortslage angebunden werden. Jeweils mit der Verlegung von Nahwärmeleitungen verbunden wäre die Verlegung von Glasfaser-Hausanschlüssen.

Das Gesamtkonzept „Zukunftsdorf Pfronstetten“ sieht vor, in allen Ortsteilen Nahwärmenetze zu prüfen und nach Möglichkeit zu realisieren, wenn die vor Ort gegebene Nachfrage dies wirtschaftlich möglich macht.

Bürgermeister Reinhold Teufel machte deutlich, dass vieles für ein solches Engagement spricht: So lässt sich die gesamtgesellschaftlich angestrebte Energiewende nicht nur auf den Strom-Sektor reduzieren, eine Transformation auf dem Wärmesektor ist mindestens genauso wichtig. Neben den ökologischen Gesichtspunkten sind es aber auch handfeste wirtschaftliche Gründe, die für diese Form der Wärmeerzeugung sprechen: Öl- und Gaspreise bewegen sich auch auf absehbare Zeit auf hohem Niveau, ein Rückgang auf Vorkrisenniveau wird allgemein nicht erwartet – auch vor dem Hintergrund der steigenden CO2-Bepreisiung. Filterlose Holzheizungen – ob Pellets oder Scheitholz – kommen aufgrund der Feinstaubbelastung immer mehr in Verruf. Und die als „Königsweg“ angepriesenen Wärmepumpen sind bauphysikalisch vor allem für Bestandsgebäude nicht uneingeschränkt möglich, die „brummenden Kästen“ vor dem Schlafzimmerfenster des Nachbarn werden auch nicht überall für Freude sorgen. Ein Nahwärmeanschluss löst all diese Probleme, und dies zu auch langfristig kostengünstigen Konditionen.

Vor diesen Hintergründen steht die Gemeindeverwaltung dem Ansinnen aus Aichelau dem Grunde nach positiv gegenüber. Positiv ist, dass es in Aichelau aufgrund der vorhandenen Netze bereits einen potenziellen Kundenstamm gibt. Nachdem die derzeit laufende Liefervereinbarung nach Aussage des Wärmelieferanten über kurz oder lang auslaufen, dürfte hier auch ein gewisses Interesse an einer Folgelösung gegeben sein. Dies gilt auch für einen örtlichen Gewerbebetrieb, dessen gegebener Wärmebedarf die Wirtschaftlichkeit befördert.

Im Gemeinderat wurden diese Überlegungen begrüßt, zumal das Projekt „Zukunftsdorf Pfronstetten“ von Anfang an auf alle Ortsteile ausgelegt wurde.

Einigkeit bestand auch in einem anderen wesentlichen Punkt: Wie beim Wasser und Abwasser sollen die Netzkosten gemeindeeinheitlich umgelegt w erden sollen. Die Einmalkosten für den Anschluss (vergleichbar mit den Wasserversorgungs- und Abwasserbeiträgen) und die über das laufende Leistungsentgelt (vergleichbar mit den Wasser- und Abwassergebühren) zu deckenden Kosten des Leitungsbetriebs einheitlich gestaltet werden. Dennoch wird es insgesamt unterschiedliche Wärmekosten geben, da die Wärmeerzeugung absehbar unterschiedlich sein wird. Während in Aichelau die Wärme zumindest auf absehbare Zeit vergleichsweise kostengünstig von der örtlichen Biogasanlage bezogen werden kann, wird diese in Pfronstetten gemäß aktuellem Planungsstand nach einer Startlösung mit Pellets überwiegend durch eine Holzhackschnitzel-Heizung und ein Flüssiggas-BHKW erzeugt.

Oft diskutiert wird die Frage, ob sich die Gemeinde ein Nahwärmenetz leisten kann und soll. Bürgermeister Reinhold Teufel konnte dies einfach beantworten: Mithin der einzige Vorteil des neuen kommunalen Haushaltsrechts ist es, dass die laufende Belastung durch Investitionen transparent dargestellt wird. Und da wird es so sein, dass sämtliche Ausgaben – die Betriebskosten genauso wie die kalkulatorischen Kosten für Abschreibung und Verzinsung – wie bei Wasser und Abwasser auch zu 100% auf die Wärmekosten umgelegt werden. Da spielt es auch keine Rolle, ob eigenes Kapital eingesetzt oder Fremdkapital aufgenommen wird. Bürgerinnen und Bürger, die nicht an das Netz angeschlossen sind, werden also nicht belastet – profitieren aber auch nicht.

Der Gemeinderat beschloss einstimmig, das Projekt in Zusammenarbeit mit dem Büro Lorinser so weit zu prüfen, dass die Realisierbarkeit und die Wirtschaftlichkeit abschließend beurteilt werden kann. Ob die angestrebte Realisierung des ersten Bauabschnitts noch in diesem Jahr gelingt bleibt abzuwarten.

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