„Wir haben A gesagt, dann sollten wir auch B sagen“ – dieses Sprichwort war zu hören in der nicht einfachen Diskussion im Gemeinderat darüber, ob eine ebenso grundlegende wir kostenintensive Sanierung des Rosen-Saals angegangen werden soll.
Die Gemeinde hat im vergangenen Jahr das ehemalige Gasthaus Rose in Pfronstetten erworben. Nunmehr soll in diesem ortsbildprägenden Gebäude eine nachhaltige Entwicklungen für die Gemeindeinfrastruktur insgesamt ermöglicht werden. Das Büro Hartmaier + Partner Freie Architekten BDA aus Münsingen wurde beauftragt, den Prozess planerisch zu begleiten. Im Rahmen eines Ortstermins hat der Gemeinderat zusammen mit den Interessenten, die in einem örtlichen Bauausschuss mitarbeiten wollen, Ideen gesammelt und ein Anforderungsprofil für die Planung formuliert. Ausgehend hiervon hat das Büro Hartmaier + Partner nunmehr eine Vorentwurfsplanung vorgelegt, die von Architekt Ralf Straub im Gemeinderat erläutert wurde.
Die angestrebte Folgenutzung gliedert demnach sich in folgende Teilbereiche:
Der Saal des Gasthauses Rose soll zum Bürgersaal umgebaut werden, in dem Familienfeiern, Vereinsveranstaltungen und sonstige Versammlungen bis zu einer maximalen Besucherzahl von 199 Personen bei Konzertbestuhlung (nur Stühle) bzw. 192 Personen bei Bankettbestuhlung (Tische und Stühle) abgehalten werden können. Damit wäre das Platzangebot sogar noch etwas besser als im bisher genutzten Vereinsraum der Albhalle. Der Bürgersaal würde damit das Angebot an Veranstaltungsräumen in der Gemeinde zwischen Albhalle (270 – 432 Sitzplätz) und geplantem Dorfgemeinschaftshaus in Aichelau (maximal 108 Sitzplätze) gut ergänzen. Die barrierefreie Erschließung über eine breite Treppe auf den Balkon und eine am Ostgiebel der Gaststätte geführte behindertengerechte Rampe und die ansprechend geplante Außenanlage würden dies vorteilhaft abrunden.
Die bisher geschlossene Decke im Saal soll geöffnet werden (Decke = Dach), um hierdurch mehr Raumhöhe zu gewinnen. Dies würde sich sowohl auf die Raumakustik wie auch auf die Belüftungssituation positiv auswirken. Der WC-Bereich soll erneuert werden. Neben der Schaffung eines behindertengerechten WC sollen die Zugänge zu den Toilettenräumen nicht mehr direkt vom Saal aus, sondern über einen kleinen Flur erfolgen. Die Nebenraumspange soll außerdem durch ein Stuhllager ergänzt werden. Die im Untergeschoss vorhandene Kellerbar soll einen weiteren Kellerabgang als Notausgang erhalten, da ansonsten eine Nutzung brandschutzrechtlich nicht zulässig wäre. Zur Hauptstraße hin soll die Fensterfront durch bodentiefe Fenster bzw. Türen optisch geöffnet werden. An die Südseite des Gebäudes soll auf ganzer Länge eine Terrasse (Stahlkonstruktion) angebaut werden, die mit einer ergänzenden Verglasung zum einen den Schallschutz verbessern und zum anderen auch die Möglichkeit einer Außenbewirtung ermöglichen soll.
Für die übrigen Bereiche des Gebäudes hat die Gemeindeverwaltung außerdem folgende Vorschläge entwickelt:
Die bisherige Gaststube soll zu einer Bäckereiverkaufsstelle mit möglichem Café umgebaut werden. Die konkrete Gestaltung wäre in Absprache mit den künftigen Betreibern vorzunehmen, die vorliegende Planung ist insofern als Vorschlag anzusehen. Dort, wo bisher der Stammtisch stand, könnte künftig eine Verkaufstheke stehen. Im Raum wäre dann noch genügend Platz für 10-15 Sitzplätze. Die bisherige Gastronomie-Infrastruktur könnte problemlos weiter genutzt werden. Vorgesehen wäre auch ein Ausgang auf die geplante Terrasse vor dem Bürgersaal, so dass bei schönem Wetter hier zusätzliche Sitzplätze denkbar wären. Auch die Übernahme der Bewirtung des Bürgersaals bei Familienfeiern durch das Café wäre problemlos möglich und würde sich geradezu anbieten, alternativ können hier aber auch Caterer zum Einsatz kommen.
Es fällt auch nicht schwer, einen Zusammenhang mit den Bemühungen der Gemeinde im touristischen Bereich herzustellen. Sowohl für die Besucher des PhänoPfads wir auch die Wanderer auf dem Prädikatswanderweg hochGEHackert könnte ein anschließender Besuch des Cafés in Pfronstetten einen gelungenen Abschluss bilden. Die steigende Zahl derer, die mit dem E-Bike die Alb erobern, stellt eine weitere potenzielle Zielgruppe dar. Damit wäre auch die bisher lückenhafte Wertschöpfungskette geschlossen, Investitionen in die touristische Infrastruktur könnten so einen unmittelbaren Effekt auf die Gastronomie vor Ort auslösen.
Das bisherige Nebenzimmer bietet die Möglichkeit, ohne großen Aufwand einen sogenannten Coworking Space einzurichten. Darunter versteht man Räumlichkeiten, die unterschiedlichen Nutzern zur Verfügung stehen und eine gewisse Büroinfrastruktur bieten. Hierzu gehören ein leistungsfähiger Internetanschluss und normale Büromöblierung. Ursprünglich waren Coworking Spaces dazu gedacht, unterschiedlichen Freiberuflern, kleineren Startups oder digitale Nomaden ein Arbeiten in meist größeren, verhältnismäßig offenen Räumen zu ermöglichen – verbunden mit der Chance, auf diese Weise voneinander profitieren. Die zurückliegenden Monate haben aus Sicht der Gemeindeverwaltung aber auch noch eine andere Option deutlich gemacht: Homeoffice zuhause kann funktionieren, hat aber speziell in Haushalten mit Kindern gewisse Tücken. Absehbar ist, dass die Arbeit von Zuhause auch in Nicht-Pandemiezeiten bleiben wird oder – um weite Fahrten zum Arbeitsplatz einzusparen – sogar noch zunimmt. Hier könnten Coworking Spaces die Möglichkeit bieten, heimatnah und zu günstigen Konditionen einen etwas ungestörteren „Arbeitsplatz“ zu nutzen. Durch den Coworking-Gedanke wären soziale Kontakte möglich und die benachbarte Bäckereiverkaufsstelle würde als Infrastruktur zur Verfügung stehen.
Ein solcher Ansatz wäre neu, nachdem für den Anfang relativ wenig investiert werden müsste, wäre es aber ein Versuch wert. Vor entsprechende Umbauen und Beschaffung der Möblierung wären weitere Absprachen notwendig, die vorliegende Planung ist insofern auch hier als Vorschlag anzusehen.
Hinsichtlich der im Obergeschoss und im Dachgeschoss des Neubauteils vorhandenen Gästezimmer sind aktuell noch keine Änderungen geplant. Die Gemeindeverwaltung geht davon aus, dass es für die Betreiber der Bäckereiverkaufsstelle bzw. des Cafés durchaus lohnend sein könnte, die Gästezimmer mit zu betreiben. Entsprechende Synergieeffekte sind zumindest denkbar.
Die Wohnung im Obergeschoss des Altbauteils steht aktuell leer. Nachdem von der Zugänglichkeit her ein enger Zusammenhang mit der Nutzung des übrigen Gebäudes besteht, möchte die Gemeindeverwaltung vorerst keine Vermietung vornehmen. Schließlich könnte es sein, dass diese Wohnräume von den Betreibern bzw. Beschäftigten der Bäckereiverkaufsstelle bzw. des Cafés genutzt werden.
Bürgermeister Reinhold Teufel machte deutlich, dass bereits am Anfang des Projekts grundsätzlich entscheiden werden muss, ob der Umbau möglichst kostengünstig erfolgen soll oder ob ein eher ganzheitlicher Ansatz gewählt wird, der auch das optische Erscheinungsbild und zeitgemäße Rahmenbedingungen für die Unterhaltung und den Betreib der Einrichtung berücksichtigt. Im Rahmen des Ortstermins war man sich im Grundsatz darüber einig, dass zunächst einmal von einem ganzheitlichen Ansatz ausgegangen wird. Sollte sich dann zeigen, dass die Finanzierbarkeit insgesamt in Frage zu stellen ist, müsste neu überlegt werden.
Dass hier zumindest Diskussionsbedarf besteht wurde deutlich, als Ralf Straub die Kostenschätzung vorstellte: Ausgehend von der erläuterten Planung wurde eine Kostenschätzung erstellt. Dabei wurden auch technischer Details berücksichtigt, die zum Teil erhebliche Kosten nach sich ziehen. So hat sich in konstruktiver Hinsicht gezeigt, dass die Sparren im Bereich des Saals für die vorgesehene Dämmung zu schwach dimensioniert sind. Will man die besprochen offene Rumstruktur realisieren, muss das Dach deshalb in weiten Teilen erneuert werden. Zu diskutieren wäre noch, ob die Dacheindeckung wie vorgeschlagen mit Flachdachziegeln oder – aufgrund der vorhandenen PV-Anlage – mit einem Stehfalzblechdach erfolgt. Diesbezüglich wird auf die Diskussionen zum geplanten Dorfgemeinschaftshaus in Aichelau verwiesen.
Bei den Versorgungsleitung Elektro und Sanitär wird von einer kompletten Neuinstallation ausgegangen. Zu erwarten ist außerdem, dass für die notwendige Baugenehmigung auch das Thema Schallschutz aufgegriffen werden muss. Ein Ansatz für eine gutachterliche Überprüfung ist deshalb in der Kostenschätzung ebenso enthalten wie eine Lüftungsanlage, die notwendig sein könnte, wenn der Saal auch nach 22 Uhr betrieben werden soll. Nachdem der Boden im Saalbereich zum einen uneinheitlich und zum anderen schadhaft ist, ist ein komplett neuer Bodenaufbau mit Fußbodenheizung und Industrieparkett vorgesehen. Die Erweiterung und Erneuerung des WC-Bereichs soll baulich ebenso umgesetzt werden wie der Anbau eines Stuhllagers und einer Außentreppe zur Kellerbar. Außerdem ist die Instandsetzung der Fassade des Gasthauses zum Saal hin vorgesehen.
In der Kostenschätzung enthalten sind auch die Außenanlagen: Um auch Lkw-Fahrern die Möglichkeit zu bieten, die geplante Bäckereiverkaufsstelle zu nutzen, soll eine Lkw-Haltespur entlang der Hauptstraße angedacht, hiervon durch einen Grünstreifen abgesetzt sind Pkw-Stellplätze vorgesehen. Weitere Stellplätze – insgesamt 26 – sind im Bereich des Gasthauses und östlich des Saals möglich.
Dieser umfassende Ansatz bei der Neugestaltung des künftigen Bürgersaals hat seinen Preis: Mit den Kosten der Außenanlage (aber ohne die Kosten der Ausstattung des Saals!) dürften sich die Brutto-Baukosten auf rund 1,2 Millionen Euro belaufen. In wieweit Einsparungen durch Eigenleistungen der örtlichen Bevölkerung möglich sind, muss noch geprüft werden.
Im genannten Betrag ausdrücklich nicht enthalten ist der Aufwand für den Umbau der Gaststube zur Bäckereiverkaufsstelle bzw. zu einem Café und den Umbau des Nebenzimmers zum Coworking Space. Hier können verbindliche Vorgaben für eine Umbauplanung erst dann gemacht werden, wenn sich die künftige Nutzung hinreichend konkretisiert. Die Gemeindeverwaltung rechnet hier nach Rücksprache mit dem Büro Hartmaier + Partner auch mit Kosten in Höhe von rund 200.000 €.
Das Schnaufen der Mitglieder des Gemeinderats ob dieser Zahlen war deutlich hörbar, zumal die Befürchtung geäußert wurde, dass es bei diesen Zahlen nicht bleiben wird. Bürgermeister Reinhold Teufel ging von einer „realistischen“ Kostenschätzung aus, wenngleich Kostensteigerungen nie ausgeschlossen werden können. Erleichtert wird die Situation auch dadurch nicht, dass mittel bis langfristig – auch das wurde im Gremium realistisch eingeschätzt – auch die anderen Gebäudeteile Unterhaltungsaufwand verursachen werden.
„Sie wissen, dass ich lange gezögert habe, dem Drängen auch aus dem Gremium nachzugeben und Ihnen den Erwerb des Gebäudes vorzuschlagen – genau aus diesen Gründen. Wir haben aber jetzt ein Nutzungskonzept, dass überzeugend ist und das für die Bürgerinnen und Bürger der ganzen Gemeinde einen echten Mehrwert bringt“ machte der Bürgermeister deutlich, „speziell für Familienfeiern wird der Saal schmerzlich vermisst!“. Dies wurde auch aus der Mitte des Gremiums so bestätigt. Eben weil der Vereinsraum der Albhalle hierfür denkbar ungeeignet ist hatte man in der Vergangenheit sogar schon darüber nachgedacht, einen ebenerdigen Anbau an die Albhalle zu realisieren – der aber auch über 500.000 € gekostet hätte.
Darüber, dass eine zeitnahe Entscheidung notwendig ist und bei einer Umsetzung des vorgestellten Konzepts dieses auch richtig gemacht werden sollte, bestand dann auch Einigkeit. Jetzt eine Billiglösung zu realisieren, mit der dann niemand zufrieden ist – das wollte der Gemeinderat nicht. Die „Rose“ wurde gekauft, um einen Impuls in der Gemeindeentwicklung zu setzen, und „dann müsse man eben auch B sagen, wenn man A gesagt hat“.
Angesichts der Kostensituation wurde auch mal „out of the box“ gedacht, also ein gänzlich neuer Ansatz eingebracht: Wäre ein Abbruch mit anschließendem Neubau nicht insgesamt günstiger? Unter dem Strich sicher nicht, da war sich Architekt Ralf Straub sicher, zumal ja für einen Abbruch auch ein nicht unerheblicher Betrag anfallen würde. Angesichts der insgesamt guten Bausubstanz wäre dies auch nicht anzuraten und – das warf der Bürgermeister ein – „dafür haben wir die „Rose“ auch nicht gekauft!“. Nachdem die „Rose“ durchaus eine ortsbildprägende Funktion habe, weil es für ein Dorf auch wichtig sein, markante Bauwerke mit Tradition zu haben und auch und gerade weil an der Rose auch viele Erinnerungen hängen, stand ein Abbruch letztendlich nicht wirklich zur Diskussion.
Die Gemeindeverwaltung wird nach Aussage von Kämmerer Tim Scheible für das Vorhaben einen Zuschuss aus dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) und anderen Fördertöpfen beantragen. Aktuell kann nicht realistisch eingeschätzt werden, wie hier die Aussichten sind, im Idealfall kann mehr als die Hälfte der Kosten mit Fördermitteln abgedeckt werden.
Dass die Diskussion auch eine zeitliche Komponente hat, machte Bürgermeister Reinhold Teufel deutlich: Bisher ist Beschlusslage im Gemeinderat, dass als nächster Veranstaltungsraum das Dorfgemeinschaftshaus in Aichelau realisiert wird. Besondere Umstände haben dazu geführt, dass das Vorhaben, für das der Baubeginn bereits terminiert war und die erste Vergabe schon erfolgt ist, zumindest bis Frühjahr 2021 auf Eis liegt. In der Folge wäre dann die Schaffung eines Dorfgemeinschaftshauses für Aichstetten an der Reihe gewesen. Die Einrichtung eines Bürgersaals in Pfronstetten müsste in diesen Zeitplan eingebettet werden. „Eine zeitliche Verschiebung des Projekts in AIchelau darf es aber aus meiner Sicht nicht geben! Hier stehen wir im Wort und hier sollten wir im neuen Jahr auch zügig an die Umsetzung oder aber – wenn die Rahmenbedingungen klar sind – an die Anpassung der Planung gehen!“ machte Reinhold Teufel deutlich.
Auf die Finanzierbarkeit der zahlreichen Projekte angesprochen, die aktuell in der Pipeline sind – neben dem DGH in Aichelau auch der Bauhofneubau- , vertrat der Bürgermeister die Auffassung, dass es unter Berücksichtigung der angestrebten Fördermittel finanziell möglich sein sollte, dies zu stemmen. „Wir sind aktuell sehr solide aufgestellt und haben damit zu kämpfen, dass auf absehbare Zeit das Geld auf der Bank nicht mehr, sondern eher weniger wird. Zumindest aus kaufmännischer Sicht wäre es da wenig sinnvoll, abzuwarten“. Deutlich anspruchsvoller sei es, die Maßnahmen organisatorisch im Rathaus zu stemmen: „Jedes Bauprojekt verursacht auch Verwaltungsaufwand, das merken wir aktuell beim Anbau an den Kindergarten. Mehrere Großprojekte parallel – da werden wir ganz schön zu rudern haben! Aber ich glaube daran, dass wir das hinbekommen!“.
In einer für die Gemeinde wichtigen und deshalb zurecht so ausführlich geführten Diskussion wurde schlussendlich das Projekt auf die Bahn gebracht: Die allseits als sehr gut bewertete, aber eben auch recht kostenintensive Planung wurde gebilligt, die Gemeindeverwaltung wurde beauftragt, die möglichen Fördermittel zu beantragen. Die abschließende Entscheidung über die Umsetzung der Planung und damit der Baubeschluss wird freilich erst fallen, wenn klar ist, welche Fördermittel fließen.