Seit gut einem Jahr ist Tim Scheible Kämmerer in Pfronstetten. In der Zeitschrift “Die Gemeinde”, dem Organ des Gemeindetags Baden-Württemberg, berichtet er über seine Erfahrungen bei einer Gemeinde im ländlichen Raum.
Arbeiten im Ländlichen Raum: Berichte von jungen Berufseinsteigern in der Verwaltung
Qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen wird immer mehr zu einem großen Problem der Mitgliedsstädte und -gemeinden des Gemeindetags Baden-Württemberg. Eine Erhöhung der Ausbildungskapazitäten für den gehobenen Verwaltungsdienst an den Hochschulen Kehl und Ludwigsburg um insgesamt 150 Studienplätze wurde mit dem Examensjahrgang 2017 erstmals wirksam. Für eine weitere Erhöhung setzt sich der Gemeindetag nachdrücklich ein. Wirksam werden kann das aber nur, wenn auch mehr Plätze für die Praxisausbildung angeboten werden. Teilweise haben aber die Ausbildungsaktivitäten kleiner Städte und Gemeinden im gehobenen Verwaltungsdienst nachgelassen. Das kann zu einem entscheidenden Nachteil für ihr Personalmarketing werden. Wer die Arbeit bei kleinen Städten und Gemeinden nicht als interessant und chancenreich kennengelernt hat, wird sich kaum dort bewerben. Ohne verstärktes Bemühen um ein attraktives Ausbildungsangebot werden kleine Städte und Gemeinden im Wettbewerb mit großen Städten und Landratsämtern immer weniger bestehen können. Dass die Arbeit in kleineren Städten und Gemeinden und im ländlichen Raum durchaus interessante Perspektiven bietet, darüber berichten zwei junge Berufseinsteiger im gehobenen Verwaltungsdienst. Ihre Erfahrungen zeigen: Im Wettbewerb um Fachkräftenachwuchs haben unsere Städte und Gemeinden durchaus Chancen. Es lohnt sich, in die Ausbildung junger Kolleginnen und Kollegen zu investieren.
Wer Führungsverantwortung übernehmen und das Gemeindeleben aktiv mitgestalten möchte, findet in ländlichen Rathäusern die passenden Voraussetzungen
„Nach Abschluss des Studiums des gehobenen Verwaltungsdienstes an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg trat ich meine erste Stelle im März 2017 als Leiter der Haupt- und Finanzverwaltung bei der Gemeinde Pfronstetten an. Pfronstetten ist mit sechs Ortsteilen und insgesamt 1.500 Einwohnern die zweitkleinste Gemeinde im meist sehr ländlich geprägten Landkreis Reutlingen auf der Schwäbischen Alb.
Zum Studiengang Public Management haben mich im Jahr 2013 vor allem die große Aufgabenvielfalt und die gute Zukunftsperspektive im Arbeitsleben bewogen. Zudem habe ich schon immer ein Tätigkeitsfeld angestrebt, bei dem der Kontakt mit den Mitmenschen im Vordergrund steht.
Da ich selbst aus dem Ländlichen Raum komme und den bürgernahen und persönlichen Umgang in kleinen Rathäusern sehr schätze, suchte ich bewusst nach einer Stelle in einem eher kleineren Rathaus. Durch den häufig genannten Trend der zunehmenden Urbanisierung sind in diversen Fachzeitschriften zahlreiche Artikel über den Fachkräftemangel in ländlichen Regionen zu finden, der auch am öffentlichen Dienst nicht spurlos vorüberschreitet. Mir eröffnete sich daher mit der Stelle in Pfronstetten die Möglichkeit, gleich in einer Führungsposition in das Berufsleben zu starten.
Bereits nach wenigen Tagen im neuen Arbeitsumfeld konnte ich die Besonderheiten in kleinen Rathäusern erleben. Als Kämmerer und Hauptamtsleiter gehören nicht nur die Haushaltsplanung und typische Personalangelegenheiten zu meinem originären Aufgabengebiet. Auch der sehr enge Austausch mit dem Bürgermeister und die Einbindung in nahezu alle Prozesse und Entscheidungen im Gemeindegebiet machen die Tätigkeit überaus spannend. Hierbei ist vor allem die generalistische Ausbildung an der Hochschule eine bedeutende Hilfestellung. Klar ist jedoch auch, dass in vielen Bereichen – aufgrund der hohen Aufgabenvielfalt und der beschränkten Personalkapazität – eine fachlich vertiefte Einarbeitung sehr herausfordernd sein kann. Für Spezialfragen stehen die Kommunen jedoch in regem Austausch und können, auch in immer wiederkehrenden Sprengel-Treffen, gemeinsam Lösungen finden. Zudem ist das während des Studiums aufgebaute Netzwerk zu Dozenten, Praxisbegleitern und Kommilitonen im Berufsalltag wichtig.
Um den Folgen des demografischen Wandels und der Urbanisierung entgegenzuwirken, ist in ländlichen Regionen eine Infrastruktur mit guter Breitbandversorgung ebenso wichtig, wie qualifiziertes Personal in ländlichen Rathäusern. Hochschulabgänger, die Führungsverantwortung übernehmen möchten, das Gemeindeleben aktiv mitgestalten wollen und zudem eine Arbeitsstelle mit guten Aufstiegschancen suchen, finden in ländlichen Rathäusern genau die passenden Voraussetzungen.”