Das wusste man 1926 von der Sattlerkapelle

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Im Jahr 1926 berichtete die Gammertinger Lauchert-Zeitung anlässlich ihres 50jährigen Jubiläums über die Sattlerkapelle bei Tigerfeld

Dieses von Pfarrer Beuter verfasste Textdokument ist der Gemeindeverwaltung durch Zufall in die Hände gekommen und es verdient, einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu werden:

Die Sattlerkapelle gen Tigerfeld

Der Plan des Redakteurs der „Lauchert-Zeitung“, eine Jubiläumsnummer herauszugeben und dieser hauptsächlich heimatkundlichen Charakter zu geben, ist sicher zu billigen. Ich liefere gerne einen Beitrag dazu und veröffentliche, was Pfarrer Reiser (hier von 1810 – 1825, später in Neufra) im Pfarr Urbar von Kettenacker niederschreiben hat. Es heißt dort:

Notatu dignum (Verdient notiert zu werden.)

Etwas über 300 Jahr stand an den Gränzen von hierseitigem Orts-Bann gegen Tigerfeld die Kapelle (die Satler-Kapelle genannt), ist von dem  Reichs Stifte Zwifalten erbaut worden, wohin sie auch gehörte; dahin kamen viele Leute, um das dortige Mariae-Schmerzbild zu verehren; von hießigem Orte kamen alle Samstage Leute, und öfters wurden von hier aus beh allgemeinem Anliegen Bittgänge dorthin gemacht, und dieses bis 1818 in welchem Jahre dieses Ehrwürdige Ort entweiht und abgebrochen worden.

Anfangs stand die Kapelle frei, niemand war  um und beh ihr, späther hin wurde eine kleine Wohnung an selbe angebaut und sogenannte Waldbrüder dorthin versetzt, nachher endlich Weltleute bis zu ihrem Ende; die letzten Meßners Leute, oder eigendliche  Beständer, waren Magnus Rem und Theresia von Inneringen, diese hatten eine Tochter M. Anna; die in der Wildnis wild erzogen hat endlich einem nicht löblichen Umgang mit Landstreichern gepflogen, entfloh mit selben, aber kam nur allzubald wieder zur väterlichen Tischlade.

Diese Begebenheit war nun den Herrn Beamten ein gemähtes Wießchen, diese Kapelle wegzubringen, der Sie schon lange abhold waren, und gelang ihnen wirklich: Die Sache wurde einbricht, greller gemacht als sie ist und war, und so das Urteil über sie gefällt. Sie müß abgebrochen werden. Am 17. october wurde selbe auf den Abbruch verkauft, am 21. October das Schmerzensbild nachher nach Pfronstetten feierlich übersetzt, und so dann im kommenden Jahre 1819 wirklich in Frühjahr abgebrochen.

Was so lange bestanden, wo so viel und oft gebettet worden, wohin so mancher in der Not seine Zuflucht genohmen, das hat mithin Würtenberg zerstört. Zwifalten als Kloster gabs, und Würtenbergs Beherrscher, denen die guten Zwifalter zufielen, nahmens.

Pfr. Beuter

 

 

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